Stöppach, ländliche Gem.
Stöppach eine ländliche Gemeinde

Neue Presse, Freitag, den 15. Dezember 1967
Stöppach
Gemeinde mit ländlichem Charakter am Rande des Itzgrundes
Text und Fotos: Wilhelm Kleemann
Überarbeitet: 31.07.2012, Heinz Stammberger
Stöppachhat keinen Bahnhof und liegt abseits der großen Verkehrswege; wenn man es auf guten Straßen erreichen will, fährt man besser über die Ortschaft Haarth. Vom Bummelzug nach Rossach vernehmen die Bauern nur das Pfeifen oder sehen die lange Rauchfahne, wenn sie wie eine Wolke über den Itzauen liegt. Aber diese Gemeinde, inmitten der sanft ansteigenden Wiesen zwischen Hohenstein und Meschenbach gelegen, träumt keinen Dornröschenschlaf. Beim Wettbewerb 1966 des Landkreises Coburg „Das schönere Dorf" trug der Gemeinsinn ihrer Bürger Früchte: Stöppach heimste den 1. Preis ein. Mit diesem Erfolg machte sich der Ort einen Namen. Nimmt man die landwirtschaftlichen Anwesen, die öffentlichen Einrichtungen, die Vorgärten und Wege aufs Korn, so findet man keinen Anlaß zum Tadel.
Diese preußische Akkuratesse hat Stöppach in erster Linie seinem umsichtigen1. Bürgermeister .Richard Schramm zu verdanken, einem Mann von echtem Schrot und Korn, der es versteht, mit einem vitalitätsgeladenen Drauflos-Stil seine Gemeindebürger für das Gute und Vernünftige zu gewinnen. Seit zwölf Jähren dirigiert Richard Schramm — der noch den Beruf des Schneidermeisters ausübt — mit Umsicht die Geschicke des Ortes. Zuvor war er vier Jahre 2. Bürgermeister, ein Amt, das gegenwärtig der Landwirt Ernst Stammberger innehat.
Stöppach ist eine steuerschwache Gemeinde ohne Industrieansiedlungen mit ländlichem Charakter und einem Gesamtsteueraufkommen von 26 000 Mark. Zieht man von diesem Betrag die 11 353 Mark Kreisumlage ab und zählt 17 920 Mark vom Staat gewährte Schlüsselzuweisung hinzu, so erhöht sich die Summe nur unwesentlich. Während der weitaus größte Teil der 292 Ortseinwohner in der Landwirtschaft seinen Lebensunterhalt verdient, gehen auch einige Personen der Gemeinde in Coburg (27) und den umliegenden Ortschaften dem Broterwerb nach, so 16 in Scherneck, sieben in Untersiemau, vier in Ebersdorf bei Coburg und vier in Niederfüllbach.
Wenn in den kommenden Jahren die Bundesstraße 4 von der Filzlaus ab eine neue Trasse durch den Itzgrund erhält, bekommt auch Stöppach einen Anschluß, rückt die ganze Gemeinde näher an diese wichtige Straße. Dann dürfte auch die Chance Industriebetriebe an den Ort zu fesseln, größer werden.
Die Gemeindeverbindungsstraße von Meschenbach nach Stöppach führt wohl über die ehrwürdige, sagenumsponnene Eselsbrücke, ist aber für den Kraftfahrer eine Folterstrecke. Die erste Etappe bis zur Abzweigung nach Haarth steht noch auf der Sollseite des Meschenbacher Straßenausbau-Kontos. Vom Ortsausgang Stöppach sind nur noch 300 Meter bis zum Beginn der Moränenlandschaft mit einem Rouge zu belegen. Sie werden 1968 n Angriff genommen. Dank der beispiellosen Zusammenarbeit der Stöppacher Dorfgemeinschaft erhielt die Ortsstraße im vergangenen Sommer eine moderne Kosmetik. „Die fleißigen Frauen von Stöppach" hieß damals der Titel unter einem Bild in der Neuen PRESSE, das die Feminas beim Schotterauflegen festhielt. Es bedarf keiner besonderen Erwähnung, daß erst recht die Männer mit von der Partie waren. Durch diesen Arbeitseinsatz blieben der Gemeinde etwa 60 000 DM Kosten erspart.
Den 66 Haushaltungen des Ortes stehen zwei Gastwirtschaften zur Verfügung, von denen eine auch Fleisch waren herstellt. Früher zählte Stöppach vier Wirtshäuser. Von den zwei reduzierten besaß jede einen Saal. „Jetzt ist Stöppach saallos", meint Bürgermeister Schramm. Aber an Hausbrauern mangelt es der Gemeinde nicht. Es gibt ihrer genau 14. Sie genießen alle das verbriefte Braurecht.
In der Struktur des Ortes finden wir 14 landwirtschaftliche Betriebe, außerdem einen Schneider, einen Schreiner, einen Schmied und nicht zuletzt ein Kolonialwarengeschäft. Stöppach besitzt auch eine Poststelle. Im 1957 erbauten Gemeindehaus, wo auch die Freiwillige Feuerwehr 'ihre Heimstatt hat, steht ein Backofen. Wie mir das Gemeindeoberhaupt erklärt wartet er umsonst auf Betätigung. „Früher herrschte im Backhaus emsiges Treiben, jetzt bäckt niemand mehr." Dabei-
läßt das mit Holzkohle besonders knusprig gebackene Brot dem Stadtvolk heute noch das Wasser im Munde zusammenlaufen. • am
Wie steht es in Stöppach mit der Flurbereinigung? Bürgermeister
Schramm:„Sämtliche Flurhauptwege sind betoniert. Es kommen noch neue hinzu. Die Aktion ist etwa in drei Jahren abgeschlossen“.
Auf dem Schreibtisch des Dorfoberhauptes liegt eine Urkunde. Im Wettbewerb 1966
des Landkreises Coburg „Das schönere. Dorf“ errang die Gemeinde Stöppach durch den Gemeinsinn und die Heimatliebe ihrer Bürger den 1. Preis. so verheißt es das Dokument. Als Lohn der Mühe erhält die Gemeinde im Frühjahr einen. Brunnen. Er wird zu Zeit von dem Studenten und Künstler Sigmund Bischof (München), wohnhaft in naila gefertigt. Wie Bürgermeister schramm erklärt soll das Kunstwerk auf der Grünfläche, wo früher der kleine Teich war, Aufstellung findet. In der zweiklassigen Verbandsschule Stöppach-Haarth amtieren Schulleiter Dieter Heuer und Lehrerin Erika Fechner. 1960 baute die Gemeinde ein Lehrerwohnhaus. 1962 beging Stöppach mit Pauken und Trompeten sein 100jähriges Schuljubiläums.
Der Ort verfügt über eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 274 Hektar und hat 4,5 Kilometer Verbindungswege zu erhalten. Früher war Stöppach eine Hochburg der Ziegenzucht Heute gibt es im Ort nur noch 17 Ziegen. Nach der amtlichen Viehzählung stehen in Stöppach noch sieben Pferde, 248 Stück Rindvieh und 33 Schweine an der Futterkrippe. Den Lebensunterhalt verdienen sich Stöppachs Bürger vorwiegend aus Grund und Boden, Ackerbau und Viehzucht.
Zuweilen wird behauptet, es gab« keine reinen Bauerndörfer mehr. Stöppach widerlegt diese Behauptung. Sein einheitliches Dorfbild hat es sich im privaten als auch im öffentlichen Bereich in entsprechender Baugestaltung gewahrt. Natur und Menschenwerk bilden hier noch immer eine wohltuende Harmonie. Grünstreifen, Baumbestände, der Dorfanger und schlichte Fachwerkhäuser: ein. Rad greift ins andere. Vor den alten fränkischen Höfen bleibt der Besucher gern stehen. Etwas abseits vom Ortskern stehen aber auch einige stattliche moderne Privathäuser, deren Bewohner sich Stöppach als Oase der Ruhe ausgesucht haben.